Zur Geschichte der Urkunden
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts enthielt das Archiv des Klosters St. Marienthal noch 183 Urkunden. Aus Furcht vor der möglichen Zerstörung des Klosters Anfang 1945 packte man die Dokumente in ausgepolsterte Holzkisten und vergrub sie im Klosterkeller unter einem Ziegelboden. Als man sie schließlich nach einigen Jahren wieder ausgrub, waren sie durch Feuchtigkeit vermodert. Die identifizierbaren Reste (ca. 20 %) wurden in den 1950/60er Jahren in der Zentralstelle für Archivalienrestaurierung in Dresden zusammengesetzt, die Fehlstellen ausgebessert und alles mit feiner Chiffonseide überzogen. Die zugehörigen Wachssiegel sind großenteils erhalten geblieben. Seit 2024 werden die Urkunden als Depositum der SLUB im Hauptstaatsarchiv Dresden aufbewahrt.
Glücklicherweise wurden die wichtigsten St. Marienthaler Urkunden 1854 von Gustav Köhler im Volltext herausgegeben. 1902 veröffentlichte Richard Doehler Regesten (Inhaltsangaben) zum gesamten Urkundenbestand des Klosters.
Die Dokumente betreffen hauptsächlich den klösterlichen Grundbesitz, Privilegien, den Schutz durch weltliche und geistliche Mächte, Weihungen und Stiftungen für das Kloster. Elf Urkunden stammen aus dem 13. Jahrhundert, sieben aus dem 14. Jahrhundert, zehn aus dem 15. Jahrhundert, fünf aus dem 16. Jahrhundert, drei aus dem 17. Jahrhundert, zwei aus dem 18. Jahrhundert und eine aus dem 19. Jahrhundert.
Die älteste Urkunde wurde am 10. Oktober 1234 in Prag ausgestellt. Zwar sind nur geringe Reste davon erhalten, aber es existieren ein altes Foto und eine wissenschaftliche Edition von 1942. In der Urkunde wird erstmals ein Zisterzienserinnenkloster namens St. Marienthal erwähnt, dem die böhmische Königin Kunigunde einen (heute nicht mehr existierenden) Ort namens „Syfridistorph“ (Seifersdorf) schenkt. Weitere bedeutende Aussteller von St. Marienthaler Urkunden sind der Papst Innozenz IV., die böhmischen Könige Ottokar Přemysl II. und Karl IV., Papst Innozenz IV., der römisch-deutsche und böhmische König Wenzel IV., Kaiser Matthias und Kurfürst Friedrich August II. von Sachsen.
Digitalisierung und Forschung
Derzeit werden die Urkunden im Rahmen des Projektes „Saxonia Cisterciensis. Netzwerke und Verflechtungen sächsischer Zisterzen vom 12. bis 16. Jahrhundert“ an der Forschungsstelle für vergleichende Ordensgeschichte (FOVOG) der TU Dresden ausgewertet.
Sämtliche Urkunden (und die Reproduktionen zweier verlorener Urkunden) wurden 2024 im Hauptstaatsarchiv Dresden digitalisiert und können jetzt in den Sammlungen des Portals Sachsen.digital betrachtet werden. Durch einen Link kann man von dort jeweils auf ein Regest gelangen, das Aufschluss über den Inhalt der betreffenden Urkunde gibt.
Weiterführende Informationen
- Zugang zu den Digitalisaten über den SLUB-Katalog
- Zugang zu den Digitalisaten über Sachsen.digital
- Regesten des Sächsischen Staatsarchivs
- SAXARCHIV (27. Januar 2025). Die Urkunden des Klosters St. Marienthal – für die Öffentlichkeit bewahrt. SAXARCHIV-Blog. https://doi.org/10.58079/1364l
- Mehr zum Erwerb der Klosterbibliothek St. Marienthal
Zuerst veröffentlich im SLUBlog am 2. Dezember 2025.