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Sächsische Biografie: Biografie des Monats (November 2023)

Lili Pollatz (1883-1946) – Reformpädagogin und "Gerechte unter den Völkern"

Bildung spielte schon früh eine große Rolle im Leben des Kaufmannstochter Lili Pollatz (geb. Engelsmann). Nach Schulabschlüssen in London und Leipzig gehörte sie im Jahr 1906 zu den ersten Frauen, die sich an der Universität Leipzig regulär immatrikulieren konnten. Im Wintersemester 1910/11 legte sie die Lehramtsprüfung für die Fächer Englisch, Deutsch und Geschichte ab. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Manfred Pollatz gründete sie 1916 in Klotzsche bei Dresden eine Schule nach den Grundsätzen der Reformpädagogik. In den 1920er-Jahren kamen Lili Pollatz und ihr Mann in Kontakt mit den Quäkern, einer pazifistisch gesinnten, christlichen weltweiten Gemeinschaft, für die sie sich fortan stark engagierten, Vorträge hielten, Treffen organisierten und Zeitschriften herausbrachten. Durch ihr Engagement für die Quäker in den 1930er-Jahren zunehmend isoliert und staatlich verfolgt, emigrierte die Familie nach Haarlem/Niederlande, wo sie mit dem „Institut Pollatz“ 1934 ein Kinderheim und eine Schule für Kinder jüdischer Herkunft gründeten. Ab 1938 geriet die Einrichtung durch das Wegbrechen fast aller Schulgelder in finanzielle Bedrängnis. Während der deutschen Besetzung Hollands wurde das Institut vor allem vom holländischen Widerstand unterstützt. Die Hilfe verschiedener Einrichtungen und Personen ermöglichte Rettung von etwa 20 Kindern und Jugendlichen meist jüdischer Herkunft aus Deutschland und Österreich.

Lili Pollatz, die am 8. November vor 140 Jahren geboren wurde, und ihr Mann wurden 2013 unter die „Gerechten der Völker“ in der Gedenkstätte Yad Vashem aufgenommen.

(Autorin: Dörthe Schimke)

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